Es war immer noch bitterkalt am morgen, auch wenn der Winter seinen Zenit bereits überschritten hatte. Ich stand also leicht frierend vor dem Cyaltco-Stadtkrankenhaus und rauchte mit roten Fingern die zweitletzte Zigarette aus der Schachtel. Ich blickte auf die Uhr. Ich fragte mich, ob sie mich noch erkennen würde. Ich fragte mich, ob ich sie erkennen würde. Feuchter Atem gefror vor meiner Nase.
Tag Archives: Fortsetzungsgeschichte
Switch Head!! Switch On!!! Teil 9
Ich war sinkendes Schiff und ertrinkender Passagier. Der Sturm – schwarze Wolken und grelle Blitze… ich kenterte. Ich fiel ins Meer und erwachte. Blendendes Licht stach in meine Augen. Drei besorgte Augenpaare blickten auf mich herab und erst nach einer Weile der Verwirrung kam ich zu dem Schluss, dass ich wohl zum zweiten Mal ohnmächtig geworden sein musste – wie peinlich. »Du lebst noch.«
Switch Head!! Switch On!!! Teil 8
Der Weg zurück verlief in Schweigen gehüllt und größtenteils ohne Zwischenfall. Nur einmal schrie Lucy – oder vielleicht war es auch Jerika –, ihre Stimme hallte spitz von den Wänden wieder und für einen Moment sah ich eine weiße Hand aus einem der komprimierten Müllwürfel ragen.
Switch Head!! Switch On!!! Teil 7
Es hatte nicht zu meinen Plänen gehört, heute Nacht – vielleicht war es auch schon Frühmorgens – durch den Dreck der Menschheit zu waten und mit meinen Stiefeln auf schmutziges Glas, falsch entsorgte Elektronik und Geräte für sogenannte Erwachsene zu treten, aber es war so wie es war: Der Mensch hatte seine Vorstellungen, doch ein Anderer führte unsere Schritte. Es musste so sein, denn wieso sonst gäbe es das Unerwartete und das Aufregende?
»Es stinkt«, sagte Lucy und hielt sich den Schal ihrer Uniform vor Nase und Mund.
Switch Head!! Switch On!!! Teil 6
»Oh, Sie sind hoffentlich nicht böse auf mich, Mister Schick.« Jerikas blaue Augen blitzten auf wie Kristalle im Mondlicht. Sie paffte eine von den Synths – aber eine edlere Marke.
»Madam«, sagte ich. »Warum sollte ich böse auf Sie sein?«
Switch Head!! Switch On!!! Teil 5
Ich hörte ein heftiges Rumpeln, das Splittern von Glas. Etwas weiches fiel auf etwas hartes und ich meinte für einen Moment ein Stöhnen und Seufzen zu vernehmen, das dumpf durch das dünne Holz drang – ich wusste nicht ob Mann oder Frau. Ich wartete nicht auf Deckers Befehl.
Switch Head!! Switch On!!! Teil 4
Ich muss gestehen, mein Herz betrog mich in jener Nacht ein zweites Mal. Falsche Hoffnungen, unsinnige Bilder und eine Vision von einer Zukunft, die niemals sein konnte, wandelten durch meine Brust – Nein, sie rasten wie tobende Ochsen. Quälten mich. Ich lächelte und zog meinen Hut. Ich spürte den Schweiß auf Stirn und Schläfen.
»Ah, Miss, so treffen wir uns wieder«, sagte ich und war froh.
Switch Head!! Switch On!!! Teil 3
Ihr Haar war das Schwarz von Raben und tief in Erde verborgener Kohle, es umfloss das schimmernde und glänzende Gesicht wie die dunklen Fluten, die die alte Welt verschlungen hatten. Ihre langen Beine trotzten nackt der eisigen Winterkälte, ein Apex-Predator auf der Lauer. Ihre rotlackierten Schuhe mit spitzen Absätzen schienen den Schnee um sie herum zum Schmelzen zu bringen und die dunklen Augen lächelten mir zu, obwohl sie mich – hinter der geschwärzten Scheibe – sicherlich nicht sehen konnten.
Switch Head!! Switch On!!! Teil 2
Die schwere Missbilligung in der darauffolgenden Stille entging mir nicht. Trotzdem tat ich so, als ob ich Deckers Unmut nicht wahrnehmen würde. Stattdessen kurbelte meine Linke das manuelle Autofenster herunter und der klirrend kalte Winterwind wusch für einen Moment über mein vom Schlaf teigiges Gesicht wie tausend kleine Nadeln. Erneut knirschte die Nervschaltung. Ich schloss das Fenster.
»Jagen? Hältst du dich für einen Revolverhelden?«, spottete Deckers Stimme. »Trittst die Tür vom Salon ein, ja, marschierst in die Höhle des Löwen, legst den Bad Boy um und spazierst mit nem Mädchen unterm Arm wieder raus? Ist das der pubertäre Wahnsinn, der dich drückt?«
»Das war zumindest der Plan«, sage ich.
Switch Head!! Switch On!!! Teil 1
Der Anruf kam 3 Uhr Morgens. Der Nervschalter in der Hirnrinde schrillte und ich erwachte aus einem vagen, diffusen Traum. Fetzen und Schemen und die imaginierte Wärme von weißen Schenkeln verflüchtigten sich wie der Rauch einer Zigarette in der kalten Winternacht. Stattdessen: Verwirrung, Schmerz und Chaos – zuerst war mir gar nicht bewusst, was mir geschah, was aber noch im Rahmen des Standardprotokolls lag. Agenten im REM brauchten etwa zwei Minuten, bis die Nervschaltung den Körper auf Höchstleistung brachte – zwei Minuten Fegefeuerpause, sozusagen – bevor man ins Inferno geworfen wurde.